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Fachartikel vom 01/22/2013

Stromregelventil wertet hydraulisch betriebene Geräte auf

Den richtigen Dreh raushaben

Moderne Technik im Bagger bietet hohe Leistung bei niedrigem Kraftstoffverbrauch. Die Kraft muss sich aber auch gezielt dosieren lassen, damit die angeschlossenen Werkzeuge richtig in Position gebracht werden können.

Bild: Wessel_Hydraulik
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Problemfall ungleiche Lastverteilung: hier bleibt oft der belastete Antrieb stehen. (Bild: Wessel_Hydraulik)

Moderne Baumaschinen wie Bagger basieren auf ausgereiften Antriebskomponenten. Fahrwerk, Oberwagen und Ausleger sowie die hydraulische Antriebstechnik sind aufeinander abgestimmt. Das ist aber nur ein Bereich, der bei der Maschinenauswahl berücksichtigt werden muss. Der Vielzahl an Aufgaben in der Praxis steht eine fast ebenso große Zahl an Wechsel-Werkzeugen für den Ausleger gegenüber. Für besonders flexiblen Einsatz von Löffeln, Zangen et cetera sorgt ein Schwenk-Drehantrieb, auch Tilt-Rotator genannt. Er entspricht sozusagen dem Handgelenk des Menschen mit erweiterten Fähigkeiten wie die mehrfache 360°-Drehung. Damit wird der Ausleger zum verlängerten Arm des Fahrzeugführers. Um den Tilt-Rotator sicher zu betätigen, werden besondere Anforderungen an die Hydrauliksteuerung des Baggers gestellt. Hier bietet ein kompaktes Stromregelventil eine praxisgerechte Möglichkeit. Leicht nachrüstbar und mit geringem Bauvolumen eignet es sich für kleine wie große Maschinen gleichermaßen. Dank Proportionalsteuerung können die angeschlossenen Aktoren mit seiner Hilfe stufenlos und präzise auf Position gefahren werden.

Zusammenspiel von Schwenk- und Drehantrieb

Bild: Wessel_Hydraulik
Problemfall ungleiche Lastverteilung: hier bleibt oft der belastete Antrieb stehen. (Bild: Wessel_Hydraulik)

Herkömmliche Ausleger bei Baggern bieten nur eine beschränkte Beweglichkeit für das angebrachte Werkzeug. Für einfache Baggerarbeiten oder den Meißeleinsatz reicht das aus. Müssen aber Böschungen im richtigen Winkel von unten bearbeitet werden oder Stahlträger, Bäume et cetera per Greifer transportiert und lagerichtig einsortiert werden, stößt man schnell an die Grenzen des einfachen Auslegerkonzeptes. Gleiches gilt für Fräsköpfe oder Schrottscheren, auch hier kommt es auf den richtigen Winkel an, mit dem der Vorsatz angreift. Hier werden dann die Tilt-Rotoren eingesetzt. Sie erweitern und optimieren den Einsatzbereich der Zusatzwerkzeuge beträchtlich.

Die Kombination aus Schwenk- und Drehantrieb ist aber nur so gut, wie die Ansteuerung es zulässt. Herkömmliche Konzepte setzen dabei meist auf eine einfache Ventilsteuerung. Die rein schaltende Betätigung erlaubt nur recht grobe, eher abgehackte Bewegungen. Unter Umständen muss der Baggerführer durch mehrmaliges kurzes Vor- und Zurückbewegen die exakte Position des Werkzeugs einstellen. Das kostet Zeit und Energie.

Eine weitere Schwierigkeit bei einfacher Ventil-Ansteuerung liegt im Zusammenspiel der beiden Antriebe. Wie jedes Fluid sucht sich auch Hydrauliköl den Weg des geringsten Widerstandes. In der Praxis bedeutet dies, bei unterschiedlicher Last am Schwenk- und am Drehantrieb bleibt derjenige Antrieb stehen, der die höhere Last bewältigen muss. Das Öl nimmt stattdessen den einfacheren Weg durch den geringer belasteten Antrieb. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn man einen Baumstamm an einem Ende aufgreift und dann sowohl drehen als auch schwenken möchte. Da zum Hochschwenken der überhängenden seitlichen Last ein hohes Moment nötig ist, zum Drehen aber ein weit geringerer Krafteinsatz ausreicht, bleibt das Ende des Stammes unten. Beide Bewegungen gleichzeitig und fließend zu absolvieren war darum bisher unmöglich. Eine geeignete Ventileinheit mit geschickt angeordneten Zusatzkomponenten vermeidet solche Probleme und erlaubt nun eine volle Beweglichkeit im gesamten spezifizierten Lastbereich.

Proportional gesteuertes Stromregelventil

Bild: Wessel_Hydraulik
Das kompakte, proportionale Stromregelventil für präzise Bewegungen (Bild: Wessel_Hydraulik)

Die Regelungslösung der norddeutschen Hydraulikspezialisten basiert auf vier elektrisch angesteuerten Proportionalmagneten. Zwei damit ausgerüstete doppelt wirkende Ventile erlauben den Ölfluss für Motoren oder Zylinder in Abhängigkeit von der Höhe des Spulenstromes kontinuierlich zu regeln. Damit kann sowohl schnell grob positioniert, als auch feinfühlig im Nahbereich nachgeregelt werden. Das spart Zeit und verkürzt die Einlernphase für den Bediener. Die Proportional-Ansteuerung der Ventile übernimmt wahlweise der interne oder ein nachgerüsteter Rechner, betätigt über die üblichen Joystick-Bedienelemente. Um die unabhängige Funktion der so angesteuerten Antriebe sicher zu gewährleisten, statteten die Ingenieure die Ventilinsel noch mit drei einzelnen Druckwaagen aus. Eine Druckwaage arbeitet dabei als klassisches Zulaufventil, die beiden anderen verteilen den Volumenstrom bedarfsgerecht und dabei lastunabhängig. Denn solange der Ölzufluss von der Pumpe nun den Abflussstrom über die beiden geregelten Antriebe übersteigt, wird für jeden Aktor der Ölfluss unabhängig von der Belastung des anderen konstant gehalten. In der Praxis bedeutet dies, sowohl der Dreh- als auch der Schwenkantrieb sind von Null an bis zur jeweils maximalen Geschwindigkeit gleichzeitig sicher zu betreiben. Der Betriebsdruck kann über das Druckbegrenzungsventil auf das jeweils erforderliche beziehungsweise das maximal zulässige Druckniveau eingestellt werden. Um möglichst wenig Energie zu verbrauchen, wird im Leerlauf, ohne abgerufene Funktion, ein druckloser Ölumlauf freigegeben.

Leistung in Zahlen

Das Stromregelventil kann in beliebiger Einbaulage je nach Anforderungen und Platzangebot an Unterwagen, Drehgestell oder Ausleger befestigt werden. Die Ventilgruppe baut mit 168 mm × 261 mm × 99,7 mm recht klein, bei nur 11 kg Gewicht. Damit lässt sich das Stromregelventil leicht in und an bestehenden Maschinen nachrüsten. Der Maximaldruck beträgt 420 bar (6000 psi) bei maximal 150 l/min Zulaufstrom und bis zu 50 l/min (19 US.gal) Ablaufstrom je Proportionalventil. Die Betriebsspannung der Magnetventile ist für 12 oder 24 VDC Bordspannungsnetze ausgelegt, die Einsatztemperatur darf zwischen -20 und 80 °C betragen. Als Arbeitsmedium dient Mineralöl (HL HLP) nach DIN 51524 im Viskositätsbereich von 20 bis 500 mm2/s bei Filterung nach NAS 1638, Klasse 8.

Bild: Wessel_Hydraulik
Das Schaltschema verdeutlicht, dass die neue Steuerung dem Anwender wertvollen Zusatznutzen bietet. (Bild: Wessel_Hydraulik)

Die Anschlüsse der Ventile A/B sind in G 1/2 und Zu- beziehungsweise Rücklauf in G 3/4 Zoll nach ISO 1179-1 ausgeführt. Für Load-Sensing (LS-Systeme) ist noch ein G 1/4 Zoll-Anschluss für die Rückmeldung des anstehenden Druckes an die Baggersteuerung vorgesehen.Bei modernen Baggern mit Tilt-Rotator erweitert das Stromregelventil durch die stufenlose proportionale Regelung das Einsatzszenario erheblich. Neben der präziseren und schnelleren Funktion spart das System gegenüber herkömmlichen Lösungen zudem Kraftstoff und reduziert die Einarbeitungsphase für den Baggerführer. Als kompakte, leicht nachrüstbare Einheit ist es so möglich, älteren Maschinen oder auch neuen Baggern in preiswerter Grundausführung mit vergleichsweise geringen Mitteln neue Freiheitsgrade in der Bewegung zu ermöglichen. (il)

Autoren

Christoph Lindemann ist im Vertrieb bei Wessel-Hydraulik tätig, Andreas Zeiff schreibt für das Redaktionsbüro Stutensee