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Fachartikel vom 05/29/2012

Neue Analysetechniken helfen bei der Bewertung der Produktqualität

Hausgeräte auf Geräusche testen

Geräuschen kann am besten dadurch entgegengewirkt werden, dass genaue und verwertbare Daten erfasst und anschließend, wenn es um das Design geht, gründlich analysiert beziehungsweise für Produktionsprüfungen mit einer Referenz verglichen werden.

Bild: National Instruments
Zoomen
Mikrofonarray zur Lokalisierung von Geräuschquellen (Bild: National Instruments)

Der Markt für Hausgeräte verändert sich. Geräuscherkennung und -identifizierung werden mehr und mehr zu entscheidenden Faktoren während der Entwicklungs- und Herstellungsphase dieser Produkte. Das Erfassen und Bestimmen von Geräuschen ist keine leichte Aufgabe. Zunächst wird hier anhand von Fallstudien und Beispielen gezeigt, wie Geräusche erfasst werden sollten, um die Wahrnehmung durch den Menschen möglichst genau abzubilden. Danach geht es um das Verstehen von Analysetechniken, mit denen bestimmt werden kann, welche Geräusche für den Anwender die größte Bedeutung haben. Abschließend wird betrachtet, wie auf den Analysen basierende Änderungen bei der Fertigung und beim Design die menschliche Wahrnehmung darüber beeinflussen können, wie ein Produkt klingt.

Hausgeräte wie Waschmaschinen, Mikrowellen, Kühlschränke und Trockner werden laufend weiterentwickelt und verbessert. Eine auffällige Veränderung betrifft beispielsweise ihre Farbe: Neben den üblichen weißen Varianten gibt es inzwischen Geräte in vielen Farbvarianten. Ein wichtiges Anzeichen für den Fortschritt bei Hausgeräten sind die Art und die Menge von Geräuschen, die diese erzeugen. Marketingbegriffe wie „geräuscharm“ oder „leise“ werden bereits seit etlichen Jahren verwendet. In absehbarer Zukunft werden auch Begriffe wie „angenehm“ oder „sanft“ weit verbreitet sein. Da allerdings immer mehr Leistung in immer kleinere Gehäuse gepackt wird, werden Geräusche jedoch nicht völlig zu eliminieren sein. Ist aber bekannt, um welche Art von Geräusch es sich handelt, wird es möglich, dieses in ein angenehmeres umzuwandeln. Das Geräusch eines lauten und nervigen Kühlschranks beispielsweise wird mithilfe von Maßnahmen zur Verbesserung der Akustikqualität angenehmer gemacht. Akustikingenieure analysieren die akustischen Daten eines Produkts und geben Empfehlungen zu möglichen Modifikationen des Designs, um die Art des Geräusches zu ändern.

Bild: G.R.A.S.
Kemar-Puppen von G.R.A.S. sind ein modernes Beispiel für die Simulation des menschlichen Hörens (Bild: G.R.A.S.)

Schall ist nicht nur ein physikalisches Phänomen, bei dem sich Schallwellen über die Luft ausbreiten, obwohl dies ebenfalls Auswirkungen hat und wichtig ist. Vielmehr ist Schall auch ein physikalischer Prozess, der vom Gehör wahrgenommen wird. Der Aufbau des menschlichen Gehörs führt dazu, dass manche Geräusche mit viel höheren Pegeln wahrgenommen und mit einer größeren relativen Amplitude an das Innenohr übertragen werden. Schall ist außerdem ein psychologisches Phänomen. Unser Gehirn muss die physikalischen Ereignisse für uns auswerten, damit wir entscheiden können, ob ein Geräusch gut oder schlecht klingt und nervig oder angenehm ist. Gut durchgeführte Maßnahmen zur Verbesserung der Akustikqualität berücksichtigen alle diese Faktoren.

Herausforderungen

Der erste Aspekt, der in Betracht gezogen werden sollte, betrifft die Art und Weise, wie Schallwellen physikalisch durch die Luft übertragen werden. Es muss gewissermaßen festgestellt werden, wie ein Mensch das Geräusch erlebt. Wenn eine Person direkt vor einem Objekt steht, trifft der Schall häufig auf beide Ohren. Das ist oftmals der Fall, aber bei einer Hausklimaanlage beispielsweise stehen die Personen je nach Aufbau des Hauses und des Gartens meist etwas mehr zu einer Seite gerichtet. Es gibt zwar keine verbindliche Regel, aber bei einer Untersuchung der Geräuschqualität sollte die Anordnung der Mikrofone evaluiert werden.

Akustische Daten sollen erfasst werden, um die menschliche Wahrnehmung zu simulieren. Häufig ist hierfür eine auf beide Ohren ausgerichtete Mikrofoninstallation erforderlich, die möglichst auch eine Simulatorpuppe umfasst. Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt sind die physikalischen Eigenschaften des Innenohrkanals. Diese bewirken, dass bestimmte Frequenzen in der Wahrnehmung des menschlichen Gehörs verstärkt werden. Als Faustregel gilt, dass das menschliche Gehör, das einen Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz wahrnimmt, die Lautstärke eines Tons im Bereich zwischen 1 kHz und 5 kHz doppelt so stark empfindet wie bei anderen Frequenzen. Werden diese Frequenzen gemieden, so ist das Produkt leiser und wird ein Geräusch in diesen Frequenzbereich verschoben, könnten andere Geräusche überlagert werden. Je nach Gerät wird dann das Geräusch als angenehm oder dem Gerät entsprechend empfunden.

Der letzte Aspekt betrifft die Herausforderung, zu berücksichtigen, wie das menschliche Gehirn Schall wahrnimmt. Das ist oft die größte Hürde, da dies von Person zu Person meist sehr verschieden ist. Es stehen bereits gut dokumentierte Standards zur Verfügung, die die grundlegenden Punkte des menschlichen Hörens berücksichtigen. Ein guter Ausgangspunkt, um das menschliche Hörvermögen zu imitieren, ist die Berechnung der Lautheit nach Zwicker und der Schärfe des erfassten Schallspektrums nach Aures. Diese Algorithmen zeigen den Unterschied zwischen dem menschlichen Gehör und Mikrofonaufnahmen und werden häufig bei aufgezeichneten Daten aus kontrollierten Umgebungen eingesetzt. Sie können jedoch auch bei Produktionsprüfungen verwendet werden. Generell treffen Algorithmen für die Geräuschqualität Annahmen über die physikalische Beziehung zwischen dem Mikrofon und den Geräuschquellen. Dabei muss sichergestellt werden, dass diese Annahmen für die zu analysierenden Daten gültig sind.

Bild: Ventrac
Ventrac testet Minitraktoren auf Lärmbelästigung und Akustikqualität (Bild: Ventrac)

Anwendungen und Trends

Tests, bei denen eine Gruppe von Testern ein Produkt beurteilt, werden häufig zur Produktverbesserung eingesetzt. Im folgenden Beispiel werden physikalische Daten auf Basis der voraussichtlichen Hörsituation abgenommen und erfasst. Mehrere Produktüberarbeitungen und Betriebsmodi werden aufgezeichnet und danach analysiert. Die Geräusche werden gefiltert und modifiziert, um den Geräuschgehalt zu erfassen, den der Akustikingenieur für besonders bedeutsam hält. Bei einer Trocknertrommel kann dies oft ein Geräusch sein, das durch Aneinanderreiben entsteht und ein Geräusch bei höherer Frequenz erzeugt. Häufig wird ein akustisches Array verwendet, während die physikalische Messung abläuft, damit der Akustikingenieur die Quelle des Geräusches bei einer bestimmten Frequenz orten kann. Die Geräusche werden aufgezeichnet und später vor einer Gruppe von Zuhörern abgespielt. Jeder Zuhörer bewertet und benotet die Geräusche nach unterschiedlichen Kriterien, die vom Akustikingenieur bereitgestellt wurden. So könnte eine Frage lauten: „Wie störend ist dieses Geräusch auf einer Skala von 1 bis 5?“ Tests mit Probehörern bringen nicht nur Produktvorschläge hervor, sondern können auch bei Produktionsprüfungen eingesetzt werden, um die absoluten maximalen Toleranzen für den Schalldruck zu ermitteln, die bei bestimmten Frequenzen akzeptabel sind. Dieser Ansatz liefert eine enorme Menge an Informationen, erfordert aber eine intensive Nachprüfung. Er eignet sich für Designtests sowie für eine Qualitätsprüfung an einigen Endprodukten, jedoch nicht als Analyse, die für jedes gefertigte Hausgerät ausgeführt werden sollte.

Auch bei Laptops kann es genauso ausschlaggebend sein, gute Entwurfsentscheidungen zu treffen. Die Lautsprecher eines Laptops werden gewöhnlich wie ein Audiogerät getestet, wobei es sich um einen Messansatz handelt, der sich vom hier behandelten unterscheidet. Aufgrund ihrer kleinen Größe haben Laptops andere Geräuschquellen, die schrille und nervige Geräusche erzeugen können. Insbesondere die Festplatte eines Laptops kann aus zwei unterschiedlichen Gründen analysiert werden. Akustikanalysen können aufdecken, ob eine Festplatte nicht gut oder schrill klingt. Des Weiteren können die Drehungen der Festplattenscheiben gemessen werden, um zu entscheiden, ob sie bald Ausfallerscheinungen zeigen. Messungen der Schärfe zählen zu den Messungen, denen Festplatten von Laptops am häufigsten unterzogen werden. Die Lautstärke sollte ebenfalls aufbereitet werden. Da sich Laptop-Nutzer allerdings oft sehr nah an der Geräuschquelle befinden, ist dies nicht so entscheidend.

Die Geräuschqualität wird besonders häufig im Automobilbereich untersucht. Früher wurde sie für gewöhnlich nur bei Premiumfahrzeugen berücksichtigt. Da inzwischen jedoch bedienfreundlichere und kostengünstigere Datenerfassungswerkzeuge verfügbar sind, dringen Analysen der Geräuschqualität jetzt auch zunehmend in alle Automobilentwicklungen und Produktionsprüfungen vor. Automobile zählen nicht unbedingt zu den größten Geräuschbelästigungsquellen. Hinzu kommen Allradfahrzeuge, Golfwagen und Produkte mit kleineren Motoren und geringerer Leistung. Diese Überlegung wurde bereits bei einigen dieser Produkte einbezogen und wird bei zukünftigen Produkten ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal darstellen. In Zukunft wird die Fertigung eines angenehm klingenden Rasenmähers oder das Unterdrücken der nervigsten Frequenzen bei Rasenmähern eine Differenzierung möglich machen. Bei vielen Hausgeräten, von Kaffeemaschinen bis hin zu Trocknern, sind Geräusche die ständigen Begleiter eines Geräts, die der Nutzer am häufigsten im Zusammenhang mit den Produkten wahrnimmt. Bei hochwertigen Hausgeräten setzt sich das Konzept ruhiger Produkte langsam als positives Unterscheidungsmerkmal durch. In Zukunft ist angesichts zunehmender Verbreitung von Datenerfassungstechnologien davon auszugehen, dass Hersteller von Hausgeräten den Bemühungen um eine Verbesserung der Geräuschqualität mehr Bedeutung beimessen werden.